Anne Sauer: „Will in Paris an meine Leistungsgrenze kommen.“
Erstmals in ihrer langen und erfolgreichen Karriere hat sich Florettfechterin Anne Sauer für Olympische Spiele qualifiziert. Wenige Tage vor der Eröffnungsfeier der Spiele in Paris und ihrem Einzel-Wettkampf im edlen Ambiente des Grand Palais am Sonntag haben wir mit der 33-Jährigen gesprochen. Dabei wird klar, wie viel sie in den Traum Olympia investiert hat.
Anne Sauer hatte gerade einen besonderen Tag hinter sich – die Einkleidung für die Olympischen Spiele. „Richtig cool“ und „ein bisschen überwältigend“ sei dieser Tag gewesen. Sie habe so viele Sachen erhalten und zwischendurch noch Shootings- und Drehs absolviert für Partner von „Team Deutschland“. „Sowas macht mir ja eh viel Spaß“, erklärte sie.
Mit der Einkleidung jedenfalls sei alles ein bisschen realistischer geworden. „Wenn man die Sachen dann zu Hause wäscht, aufhängt und bereitlegt fürs Packen – dann merkt man schon, dass es langsam los geht. Ich bin stolz darauf, die deutschen Farben in Paris vertreten und tragen zu dürfen.“
Den Stolz hat sich Anne Sauer lange erarbeitet. Mehr als ein Jahrzehnt lang hat sie für ihren großen Traum von den Olympischen Spielen gearbeitet, gelitten und gekämpft. Mit der Florett-Mannschaft holte die ausgebildete Personal- und Fitness-Trainerin zwei Mal EM-Bronze, kämpfte bei Weltmeisterschaften und gewann in Belgrad 2022 ihren ersten Weltcup-Sieg. Doch die erste Teilnahme bei den Olympischen Spielen überstrahlt alles. Als Weltranglisten-6. gehört sie zu den Medaillen-Kandidatinnen.
Sauer: Olympia-Vorbereitung etwas ganz anderes
Sauer ist seit 2012 Teil der Nationalmannschaft, war bei zehn Europameisterschaften und neun Weltmeisterschaften. „Trotzdem ist eine Vorbereitung auf die Olympischen Spiele etwas ganz Anderes“, erklärte Sauer im Gespräch. Sie habe viel mehr Medienanfragen erhalten und das auch genossen. Priorität blieb selbstredend die sportliche Vorbereitung. „Ich habe in der Vorbereitung versucht, das zu machen, was das ganze Jahr über gut geklappt hat um möglichst gesund, fit und gut vorbereitet nach Paris fahren zu können.“ Bis zur Abreise nach Paris am Dienstag habe sie letzte Trainings- und Athletikeinheiten absolviert und die Intensität etwas heruntergeschraubt für die optimale Frische.
Unterstützt und begleitet wurde sie dabei von Trainer- und Lebensgefährte Benjamin Kleibrink. Der Olympiasieger von 2008 und viermalige Vize-Weltmeister ist Florett-Bundestrainer der Herren am Bundesstützpunkt in Bonn. Dort trainiert Sauer seit mehr als drei Jahren – ausschließlich mit männlichen Trainingspartnern.
Sauer: Bringt mich in jeder Einheit an die Grenzen
„Es hat mich physisch und athletisch nochmal erheblich verbessert. Weil es mich in jeder Trainingseinheit an meine Grenzen bringt. Ich stecke mehrere härtere Treffer in kürzerer Zeit ein. Sie sind einfach schneller, größer, athletischer und explosiver“, erklärte Sauer. Es habe ihr über die Jahre mental sehr geholfen, weil es die Toleranzgrenze für Frustration nach oben verschoben habe.
Die Folge: 2022 gewann sie ihren ersten Weltcup. Dieses Jahr gewann sie Bronze bei den Grand Prix in Turin und Washington. An den Erfolgen habe Kleibrink einen großen Anteil. „Benny ist ein sehr erfahrener Athlet und ein sehr guter Trainer. Mir hilft es sehr, dass er bereits bei drei Olympischen Spielen teilgenommen hat und 2008 gewonnen hat. Er kann mir dadurch super viele Tipps geben, gerade auch was das Mentale angeht. Zusätzlich zu der guten Arbeit mit meinem Mentaltrainer- und Sportpsychologen.“
Kleibrinks Erfahrungsschatz bei Olympia
Doch die Infos und Erfahrungen aus erster Hand zu erhalten, die seien nochmal etwas Anderes. „Ich nehme die Tipps an, bin dankbar über jede Hilfe. Denn es wird so oder so auf gewisse Art überwältigend werden. Hoffentlich auf positive Art und Weise, denn das hilft ja noch mehr, Leistung bringen zu können.“
Sauer erhält auch in Paris Unterstützung durch Kleibrink und ist die einzige DFB-Starterin. Das starke Florett-Team verpasste die Qualifikation, weil Weltklasse-Athletin Leonie Ebert sich das Kreuzbandriss.
Sauers Einzel-Wettkampf startet am Sonntag, den 28. Juli im edlen Ambiente des Grand Palais direkt im K.o.-System der letzten 64 Teilnehmerinnen. Bis zum wichtigsten Wettkampf ihrer Karriere an diesem historischen Ort wird Sauer ihre Fans so gut es geht auf dem Laufenden halten.
Sauer versucht, das Fechten prominenter zu machen
Auf Instagram ist die Olympionikin seit Jahren sehr aktiv, hat fast 30.000 Follower. Social Media mache ihr viel Spaß. „Ich habe damals damit angefangen, weil ich es so schade fand, dass so wenige Leute etwas mit Fechten anfangen können und die Sportart nicht genauer kennen. Ich dachte, es ist Wert, da Zeit reinzustecken und meinen Alltag zu zeigen für jede Person mehr, die sich für unsere Sportart interessiert.“
Die Reichweite sei immer gestiegen. „Heute folgen auch viele NachwuchsfechterInnen. Das ist auch sehr schön, denen zu zeigen, was alles dazugehört, wenn man Profisportler ist. Es gibt auch Phasen, die nicht so toll sind und die zeige ich dort auch. Einfach um dazulegen, wie schwierig es ist, in die Weltspitze vorzudringen, dort zu bleiben und sich zu etablieren.“
Ihren Followern und allen, die ihr die Daumen drücken, möchte Anne Sauer am Sonntagabend natürlich eine Medaille präsentieren. Sich selbst hat sie durch die Qualifikation für Paris aber bereits einiges bewiesen und sich einen Lebenstraum erfüllt. Ihr Ziel: „Ich möchte in Paris an meine Leistung in der letzten und vorletzten Saison anknüpfen, konnte viele Medaillen gewinnen. Ich will in Paris an meine Leistungsgrenze kommen und dann schauen wir von Gefecht zu Gefecht.“